Skip to main content

Das Große Buffet


Antje Schomaker hat ein mutiges Album am Start.

„Neuerdings brauche ich auf der Bühne echt Handtücher, weil ich so ins Schwitzen komme.“


ANTJE SCHOMAKER

Snacks

(BMG)

Bereits erschienen

Von Steffen Rüth

 

Nach fünf Jahren veröffentlicht Antje Schomaker (31) endlich ihr zweites Album Snacks. Darauf überrascht die Wortspiel-versierte Singer/ Songwriterin mit signifikant mehr Pop-Biss als bisher von ihr gewohnt.

 

In Snacks, dem fröhlich-fetzigen und musikalisch leicht an die österreichischen Kollegen von Bilderbuch angelehnten Titelsong ihres zweiten Albums, will sich Antje Schomaker gar nicht erst für eine bestimmte Zwischenmahlzeit entscheiden. Sondern sie greift sich einfach jeden Snack, den sie bekommen kann, das ganze Buffet, und manchmal nimmt sie ihre kulinarischen Eroberungen auch mit ins Bett. „Snacks ist ein sehr selbstbestimmter und sehr eigensinniger Song“, sagt die sicher nicht minder selbstbestimmte und eigensinnige Künstlerin. „Ich hatte Spaß dabei, mit den Metaphern zu spielen und diese Doppeldeutigkeit mitschwingen zu lassen. Ich hatte auch Lust, mich musikalisch und im Video ein bisschen sexy zu geben, einfach mal eine neue Facette von mir zu zeigen.“

 

Wer die im niederrheinischen Rheurdt geborene und in Aldekerk aufgewachsene Schomaker bislang für den akustischen und meist melancholisch getünchten Langhaariges-Mädchen-mit-Gitarre-Pop ihres 2018 veröffentlichten Debütalbums Von Helden und Halunken mochte, muss sich auf Snacks erstmal ein wenig neu orientieren. Ist das wirklich Antje? Ja, eindeutig. „Früher war ich noch ein bisschen braver, schneller eingeschüchtert und auch einfach jünger.“ Das hat sich geändert. „Ich bin selbstbewusster und selbstbestimmter geworden in dem, was ich mache. Ich traue mich jetzt mehr, nicht zuletzt auch musikalisch.“ Die neue Platte ist merklich poppiger und rasanter als die erste, natürlich auch tanzbarer. „Neuerdings brauche ich auf der Bühne echt Handtücher, weil ich so ins Schwitzen komme“, erzählt Schomaker lachend. Es gibt ein Cover von Alles neu von Peter Fox, das die Grundstimmung ganz gut einfängt, dazu mehr gutgelaunte, nach vorne preschende Songs und deutlich mehr Vielschichtigkeit. Lost Indieboy, ein humorvoller Dating-Abgesang auf „emotional unreife Männer Anfang dreißig mit einer großen Vinylplattensammlung, einer Beanie-Mütze auf dem Kopf und dem Jutebeutel, in dem sie eine analoge Kamera durch die Gegend tragen“ lässt auch stilistisch an The Strokes denken. Weitere Einflüsse des wunderbar bunten neuen Albums waren Wir Sind Helden, The Killers und auch Juli, deren Frontfrau Eva Briegel im gitarrenlastigen Beste-Freundinnen-Song Irgendwohin mitsingt.

 

„Ich bin mutiger geworden“, sagt die 31-Jährige, „kühner und auch wütender. Mittlerweile habe ich gemerkt, dass es mir guttut, nicht immer nett sein zu müssen und auch mal anzuecken. Ich möchte gar nicht mehr jedem gefallen.“ Schon ihr 2021 veröffentlichter Song Ich muss gar nichtspräsentierte eine selbstsicherere, zur Not auch mal den Stinkefinger rausholende Antje. Und bereits 2020 versammelte sie 124 Kolleginnen für das Stück Auf Augenhöhe, mit dem sie auf die mangelhafte Gleichstellung von Frauen in der Musikbranche aufmerksam machen wollte. „Ich war schon als Kind eine kleine Aktivistin. Ich habe mich nie gescheut, den Leuten meine Meinung zu sagen. Das Aufsässige liegt mir also ganz sicher im Blut, und es gibt einfach Themen, bei denen ich meine Klappe nicht halten kann.“ In der zehnten Klasse, so erinnert sich Schomaker, sei sie einmal intensiv mit einem Schulkameraden aneinandergeraten, dessen antisemitische Beleidigungen sie einfach nicht mehr ausgehalten habe. Und auf dem neuen Album gibt es den Song Zeit heilt einen Scheiß, der von einem toxischen Exfreund handelt, „der mich gestalkt hat und den ich bei der Polizei anzeigen musste, damit er aufhört, mich zu belästigen. Manchmal wird eben nicht mit der Zeit alles gut.“ Sehr viele Menschen, Frauen wie Männer, könnten den Song sehr genau nachempfinden, sagt Schomaker. „Es ist Wahnsinn, was ich für tolle Rückmeldungen für dieses Lied bekomme.“

 

Aber auch die gelungene Liebe findet Platz auf Snacks. Nie nach Paris ist eine unverstellt romantische, ja richtig schön schmalzige Hymne der Wahlhamburgerin an den Lebensgefährten, mit dem selbst Sekt von der Tanke schmecke wie Prosecco aus der Champagne. Wenn ich mal Kinder hab ist eine Liebeserklärung an die Mutter, die vor fünf Jahren fast an einem Riss der Aorta gestorben wäre, und deren Geburtstag die Familie seitdem zweimal im Jahr feiert. „Ich musste eine Weile warten, bis ich darüber singen konnte“, sagt Antje Schomaker. „Und wenn ich etwas aus dem Drama gelernt habe, dann, immer ans Telefon zu gehen, wenn meine Mutter anruft.“


Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.